Merkursonde BepiColombo ausgestattet mit Technik aus Österreich

Auf ihrem siebenjährigen Weg zum Merkur fliegt die Sonde BepiColombo am Samstag, 2. Oktober 2021, erstmals am Merkur vorbei. Ausgestattet ist die Sonde auch mit Technik aus Österreich. Das Lenksystem der Merkursonde stammt von RUAG Space Austria, Österreichs größtem Weltraum­unternehmen und das Grazer Institut für Weltraumforschung (IWF), ist führend an drei Messgeräten beteiligt.

Komplizierte Reise

Nach dem Start im Oktober 2018, flog BepiColombo im April 2020 an der Erde vorbei, bremste im Oktober 2020 und August 2021 zweimal an der Venus ab und stattet nun erstmals dem Merkur einen Besuch ab. Nach fünf weiteren Merkur-Vorbeiflügen zwischen Juni 2022 und Jänner 2025 wird die Raumsonde im Dezember 2025 endgültig am Ziel ankommen.

grafische Darstellung des geplanten Anflugs auf Merkur
BepiColombo soll den Merkur erforschen (Copyright: ESA/ATG medialab; Mercury: NASA/JPL.)

Geburtstagsgeschenk für Namensgeber

Zum Zeitpunkt der größten Annäherung – am 2. Oktober um 01.34 MESZ – wird sich BepiColombo bis auf 200 Kilometer an den höllisch-heißen Planeten heranwagen. An diesem Tag hätte der Namensgeber der Mission – Giuseppe Colombo (1920-1984) – seinen 101. Geburtstag gefeiert.

Der italienische Mathematiker und Astrophysiker war maßgeblich an der Planung der ersten Merkur-Mission Mariner 10 beteiligt. Durch seine innovativen Bahnberechnungen hat er die mehrmaligen Vorbeiflüge von Mariner 10 am Merkur erst ermöglicht.

Grazer Technik und Know-how mit an Bord

Das Grazer Institut für Weltraumforschung (IWF) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften ist an den Magnetfeldmessgeräten auf beiden Raumsonden – MMO (Magnetosphärischer Orbiter) und MPO (Planetarer Orbiter) – und am Ionenspektrometer PICAM auf MPO beteiligt. Beide Magnetometer (MPO-MAG und MMO-MGF) sind durchgehend eingeschaltet. Vor allem von MPO-MAG, dessen Sensor am bereits ausgeklappten Boom sitzt, werden interessante Ergebnisse erwartet.

„Zum ersten Mal wird eine Raumsonde das Merkur-Magnetfeld der südlichen Hemisphäre in niedriger Höhe messen", so IWF-Direktor Wolfgang Baumjohann. „Damit stehen die bisher aufgestellten Modelle für das Eigenmagnetfeld des Planeten auf dem Prüfstand," ergänzt Baumjohann, der die wissenschaftliche Leitung für das MMO-MGF innehat.

Auch das Ionenspektrometer PICAM wird während des Merkur-Vorbeiflugs eingeschaltet, um zum ersten Mal in der extrem dünnen Merkur-Atmosphäre nach verschiedenen Arten von Ionen zu suchen.

Die Beteiligung des IWF an BepiColombo wurde von der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) finanziert.

Manche mögen's heiß

Während des ersten Merkur-Vorbeiflugs ist die wissenschaftliche Nutzlast an Bord von BepiColombo einer Sonneneinstrahlung ausgesetzt, die um ein Vielfaches höher als bei der Erde ist.

„Dieser Vorbeiflug ist ein erster wirklicher Test, ob die thermischen Schutzkonzepte für unsere Messgeräte funktionieren", so Werner Magnes, Technischer Manager von MMO-MGF. „Die Sensoren von PICAM und MPO-MAG wurden extra verspiegelt, damit die Sensortemperaturen 180-200 °Celsius nicht übersteigen."

Hitzeschutz von RUAG Space

Weltraumtechnik von RUAG Space sorgt für den Hitzeschutz der Merkursonde. Die Thermalisolation schützt die Sonde vor den extremen Temperaturen im All.

„Merkur ist der sonnennächste Planet, daher muss die Sonde extreme Hitze von über 450 Grad Celsius aushalten", erläutert Andreas Buhl, Geschäftsführer von RUAG Space Austria, Österreichs größtem Weltraumzulieferer.

Die Thermalisolation besteht außen aus Hochtemperaturisolation mit Keramikfasern und dient gleichzeitig als Schutz gegen Mikrometeoriten. Im Bereich Thermalisolation ist RUAG Space europaweit Marktführer. Nahezu jeder europäische Satellit wird mit Thermalisolation von RUAG Space vor extremer Hitze und Kälte im All geschützt.

Lenksystem aus Wien

Gesteuert wird die Merkursonde von einem Lenksystem von RUAG Space Austria, entwickelt und gebaut in Wien. Das BepiColombo-Lenksystem besteht aus vier hochpräzisen Positioniermechanismen für die elektrischen Satellitentriebwerke und einer zentralen elektronischen Steuereinheit. Für die Ausrichtung der Solarpaneele lieferte RUAG Space Austria zudem die Motorsteuerung.

BepiColombo ist ein Gemeinschaftsprojekt der europäischen und japanischen Raumfahrtagenturen ESA und Jaxa.

BepiColombo
BepiColombo fliegt beim Merkur vorbei. Ein Lenksystem aus Österreich steuert den Satelliten. (Copyright: ESA/ATG medialab.)

RUAG Space: Europas führender Zulieferer für Raumfahrt

RUAG Space ist der führende Zulieferer für die Raumfahrt in Europa mit einer wachsenden Präsenz in den USA. Rund 1300 Mitarbeitende in sechs Ländern entwickeln und produzieren Produkte für Satelliten und Trägerraketen – dadurch spielt RUAG Space eine zentrale Rolle sowohl im institutionellen ebenso wie im kommerziellen Raumfahrtmarkt. RUAG Space ist Teil des internationalen Technologieunternehmens RUAG International mit Sitz in der Schweiz.

Veranstaltungshinweis

Vom 30. September bis 4. Oktober 2021 findet im Rahmen der Grazer Herbstmesse die Sonderausstellung SpaceTech 2021 statt. Auch das IWF wird vertreten sein und neben BepiColombo seine Beteiligung an den aktuellen ESA-Missionen CHEOPS und Solar Orbiter präsentieren.

Kontakt

Österreichischen Akademie der Wissenschaften

Wissenschaftlicher Kontakt:
Prof. Dr. Wolfgang Baumjohann
Mobil: +43 (664) 38 65 347
E-Mail: baumjohann@oeaw.ac.at

RUAG Space Austria

Christian Thalmayr
Tel.: +43 664 887 478 76
E-Mail: christian.thalmayr@ruag.com
Web: www.ruag.com/space
Twitter: www.twitter.com/ruagspace