Abschlussbericht The Hound 2022

Nach einer langen Corona-bedingten Wartezeit von zwei Jahren startete das TU Wien Space Team im September 2022 nun endlich den dritten Versuch für den Abschuss zweier Experimental­raketen in der Wüste von Nevada.

Nach den missglückten Rekordversuchen 2018 und 2019 hatte das Team für das Event BALLS XXX im September 2022 zwei verschiedene Experimentalraketen (The Hound Minor and Major) vorbereitet.

Beide basieren auf dem gleichen Konzept und einem fast identischen Airframe, verwenden jedoch eine andere Feststoff-Motor-Konfiguration:

  • "The Hound Minor": Cesaroni M1545 über N4100
  • "The Hound Major": Cesaroni M2245 über N5800

Major wurde mit einer maximalen Flughöhe zwischen 90-120 km berechnet, aufgrund der hohen Fluggeschwindigkeit (>Mach 5) sowie den größeren Beschleunigungen (>40 g) allerdings auch großen aerodynamischen und mechanischen Lasten ausgesetzt. Minor hingegen erreicht laut Simulation eine Höhe von ca. 55 km. Somit würde Minor immer noch den Europarekord knacken, hat aber aufgrund der geringeren Lasten eine höhere Chance auf einen erfolgreichen Flug.

Logistik und Vorbereitungen

Wie auch in den vergangenen Jahren wurde Reno/Nevada als Standort für die Vorbereitungen ausgewählt. Schon ein Monat zuvor wurde die ganze Hardware per Spedition verschickt, dennoch gab es große Verzögerungen beispielsweise durch Rückfragen des Zollamts. Die Lieferung kam aber rechtzeitig an, und so konnte die Zeit für Vorbereitungen gut genutzt werden: Auspacken, letzte Pre-Flight Checks, Vorbereiten der Pyrotechnik, Organisation der Verpflegung für die Wüste und vieles mehr stand am Programm.

Black Rock Desert: BALLS XXX

Das Rocketry-Event wird von einer lokalen Gruppe der Tripoli Rocketry Association veranstaltet, genannt BALLS XXX (die dreißigste Austragung dieses Events). Dieses findet alljährlich in der Black Rock Desert in Nevada statt, die sich durch ein flaches und in der Regel leicht zugängliches Gelände sowie durch ausreichenden Sicherheitsradius zu bewohntem Gebiet auszeichnet.

Am ersten Tag wurde das Camp aufgebaut, die autonomen Bodenstationen aufgestellt, die Startrampe zusammengebaut sowie das Starlink-Internet getestet. Letzteres ermöglichte einen Livestream des Starts von The Hound Minor am nächsten Morgen.

The Hound Minor

Am Freitag, dem 23. September war es dann soweit, und die finale Phase für „The Hound Minor" startete.

Gegen Mittag stand die Rakete abflugbereit in der Rampe. Der Start verlief nominal, und auch die Oberstufe wurde nach 16s wie geplant gezündet: Erstmals konnte eine Rakete des TU Wien Space Teams auf über Mach 4 beschleunigt werden. Es stellte sich allerdings heraus, dass die Rakete bei dieser Geschwindigkeit nicht ausreichend aerodynamisch stabil ist und nicht wie simuliert auf eine Höhe über 50km gleitet. Stattdessen erreichte die Oberstufe lediglich eine Höhe von 10,2 m AGL.

Die Unterstufe landete nominal am Fallschirm und wurde rasch geborgen. Bei dem ungewollt akrobatischen Flugmanöver der Oberstufe bei maximaler Geschwindigkeit wurde diese jedoch auch mechanisch beschädigt, wodurch sie in drei Teile getrennt wurde und diese ohne Fallschirm landeten. Da aber Funkkontakt bis zum Boden bestanden hatten, konnten alle Teile sofort geborgen werden.

Das Fazit des Starts von The Hound Minor:

  • Die Launch-Prozedur hatte gut funktioniert, das Team war bereits gut eingespielt.
  • Die Oberstufe wurde erfolgreich gezündet.
  • Der teaminterne Geschwindigkeitsrekord wurde auf ca. Mach 4 angehoben.
  • Die aerodynamische Auslegung der Oberstufe bei diesen Geschwindigkeiten war jedoch mangelhaft.
  • Die Telemetrie sowie Avioniksysteme funktionierten fehlerfrei.

Livestream vom Start von The Hound Minor zum Nachschauen

 

Impressionen

The Hound Major

Nachdem aufgrund diverser Verzögerungen während des ersten Launch-Fensters am Samstag die Probleme behoben wurden, konnte am Sonntag, dem 25. September, das Launch-Prozedur ohne Zwischenfälle abgearbeitet werden und The Hound Major wurde nominal gestartet.

Leider ergab sich hier ein ähnliches Fehlerbild, und die Oberstufe wurde kurz nach der erfolgreichen Zündung instabil. Nichtsdestotrotz flog diese auf eine Höhe von etwa 21,4 km MSL, was den teaminternen Höhenrekord darstellt. Somit war es jedoch gewiss, dass auch diesmal der Versuch die Grenze des Weltalls zu durchbrechen gescheitert ist.

Da die Unterstufe erneut nominal am Fallschirm gelandet war, konnte diese wiederum rasch geborgen werden. Die Oberstufe landete jedoch ballistisch, d.h. ohne Fallschirm, und die genauen Landekoordinaten waren unbekannt. Basierend auf den letzten via Funk erhaltenen Koordinaten wurden mögliche Landepunkte berechnet. Am ersten Tag hatte der Suchtrupp keinen Erfolg, erst nach einer nächtlichen Neubewertung der Daten konnte der Suchtrupp die Oberstufe am nächsten Tag, lediglich 100 m von einem der berechneten möglichen Landepunkte entfernt, bergen.

Beim Einschlag wurde jedoch die Elektronik stark beschädigt und weder Videos noch Flugdaten konnten ausgelesen werden.

Fazit zu The Hound Major:

  • Nomineller Start und erneut erfolgreiche Zündung der Oberstufe.
  • Leider stellte sich auch diesmal heraus, dass die aerodynamische Auslegung nicht gereicht hat. Bis zu den heurigen Starts konnten das Team diese nie bei Geschwindigkeiten > Mach 3 verifizieren: Nun wurde klar, dass die verwendeten Simulationsprogramme bei den hohen Geschwindigkeiten die Stabilität nur ungenau vorhersagen.
  • Der teaminterne Höhenrekord wurde auf 21,4 km angehoben.
  • Die Telemetrie sowie Avioniksysteme funktionierten fehlerfrei.

Livestream vom Start von The Hound Major zum Nachschauen

Fazit und Ausblick

Auch wenn die gesetzten Ziele – der europäische Höhenrekord und darüber hinaus die Grenze zum Weltall zu überschreiten – nicht erreicht wurde, war die diesjährige Launch-Kampagne ein großer Erfolg.

Das positive Feedback des Veranstalters zur professionellen Abwicklung des Rekordversuches unterstreicht, dass sich das Team auf dem richtigen Weg befindet. Das Medienecho, die Vielzahl an positiven Nachrichten aus aller Welt und Unterstützungszusagen für die weitere Zukunft motivierten alle Beteiligten für einen erneuten Anlauf.

Das TU Wien Space Team dankt seinen zahlreichen Unterstützern und hofft auch beim nächsten Versuch auf eine erfolgreiche Zusammenarbeit.