Neues James-Webb-Weltraumteleskop startet mit Austro-Technik

Mit dem "James Webb Space Telescope" (JWST) soll nach mehreren Startverzögerungen "nicht früher als am 24. Dezember" das größte und leistungsfähigste Teleskop, das je ins All gebracht wurde, seinen Weg antreten.
Das James Webb Weltraumteleskop ist zusammengefaltet in der Mitte des Cleanrooms des Europäischen Weltraumbahnhofs
Das James Webb Weltraumteleskop ist bereit für den Launch. (ESA/CNES/Arianespace)

Die Weltraumbehörden Europas, der USA und Kanadas wollen mit dem über zehn Milliarden Dollar (rund 8,82 Mrd. Euro) teuren Gerät mehr über das frühe Universum und fremde Planeten lernen. Austro-Forscher und eine Weltraumfirma aus Wien sind an dem Vorhaben beteiligt.

Abheben soll das Teleskop an Bord einer europäischen Ariane 5-Rakete vom Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guyana. Seinen Dienst tun wird es aber nicht wie sein berühmter Vorgänger, das seit über 30 Jahren im Einsatz befindliche "Hubble"-Teleskop in rund 500 Kilometern Höhe über der Erde, sondern stattliche 1,5 Millionen Kilometer weit draußen im Weltraum. Es gibt im Sonnensystem fünf Punkte - genannt Lagrange-Punkte, an denen sich die Gravitationskräfte von Sonne und Erde aufheben, erklärte der Direktor für Wissenschaft bei der europäischen Raumfahrtbehörde ESA Günther Hasinger im Sommer. Der Zielort sei einer davon, die Umlaufbahn liegt dann 1,5 Mio. Kilometer weiter entfernt von der Sonne als jene der Erde.
Mit unserem Heimatplaneten und der Sonne im Rücken und mit dem 21 Meter großen Sonnenschild geschützt vor Wärmeeinstrahlung, können die Instrumente dann mit ihren Messungen in unterschiedlichen Infrarotwellenbereichen beginnen. Bis das Teleskop dort aber ankommt, wird es nach dem Start noch ungefähr vier Wochen benötigen. Rund um den Take-off der Trägerrakete gab es zuletzt mehrere Verschiebungen. Ursprünglich war der Start überhaupt für Oktober 2018 vorgesehen.

Blick zurück in das Weltall kurz nach dem Urknall

Mit dem Hightech-Teleskop wollen Forscher mehr über die Ursprünge des Universum erfahren. Sie hoffen auf einen Blick zurück in das Weltall kurz nach dem Urknall vor 13,8 Milliarden Jahren. Das Herzstück des Geräts ist der Spiegel mit einem Durchmesser von 6,5 Metern. Damit ist das James Webb-Teleskop das größte Spiegelteleskop im Weltraum.

Gemessen wird dann mit einer Vielzahl an Instrumenten wie Kameras und Spektrographen. Beides in einem ist das "Mid Infrared Instrument" (MIRI), an dessen Entwicklung auch der Astrophysiker Manuel Güdel von der Universität Wien ab dem Jahr 2003 federführend beteiligt war. Dabei handelt es sich auch um eine Art virtuelles Labor im All, mit dem Wärmestrahlung von Gas und mikroskopisch kleinem Staub detektiert werden kann. Aus den Daten lassen sich Rückschlüsse auf im All befindliche Moleküle ziehen und die Zusammensetzung von feinem Staub im Universum untersuchen.

Einerseits werde man "umfassende Spektren von Planetenatmosphären aufnehmen, die in dieser Qualität noch nie aufgezeichnet worden sind", so Güdel. Letztlich lassen sich dann besonders genaue Informationen über die Zusammensetzung von Atmosphären von Planeten gewinnen. Man erhofft sich davon neue Aufschlüsse darüber, wie die Bedingungen auf Planeten außerhalb unsere Sonnensystems (Exoplaneten) sei könnten.

Beitrag zur Charakterisierung von Exoplaneten

"Mit umfangreichen Modellrechnungen kann man diese Spektren weiter modellieren und so auch andere physikalische Eigenschaften der Atmosphären bestimmen. Damit trägt Webb in zuvor nicht möglicher Tiefe zur Charakterisierung von Exoplaneten bei. Unser Ziel wird es sein, besser zu verstehen, wie es im Universum überhaupt zu lebensfreundlichen Planeten wie der Erde kommen kann", erklärte der Wiener Astrophysiker.

Dafür blicken die Forscher mit MIRI sozusagen in die Kinderstube von Planetensystemen, die protoplanetaren Scheiben. Diese Gasscheiben haben die Größe eines ganzen Sonnensystems und umkreisen einen Stern. Aus dieser kosmischen Materialansammlung werden Planeten gebildet. Am Ende eines solchen Prozesses kann ein System wie das unsere Entstehen. "Mit entsprechenden Modellen kann man den Aufbau von diesen Scheiben und dadurch ihre Rolle in der Planetenentstehung erforschen", so Güdel. Derart detailliert in alle Phasen der Planetenentstehung, wie es MIRI verheißt, habe man jedenfalls noch nie blicken können.

Aber auch am Herzstück des neuen Observatoriums waren österreichische Experten beteiligt: So lieferte die Wiener Weltraumfirma RUAG Space zwei hochpräzise Mechanismen für das "Superauge" namens "NIRSpec" (Near Infrared Spectrograph), eines der drei Hauptinstrumente des Teleskops. Dieses kann bis zu 100 Himmelskörper wie Galaxien oder Sterne gleichzeitig erfassen. Es kann noch tiefer ins All schauen und Bilder von weit entfernten Himmelskörpern liefern als "Hubble". Das Instrument hat eine Masse von rund 200 Kilogramm und wird im Weltraum bei einer Temperatur von minus 238 Grad Celsius arbeiten.

Präzisestes Kugellager in ganz Europa

Die Wiener Firma lieferte Geräte, die die präzise Halterung und Drehung eines Filterrades und eines Gitterrades des "Auges" ermöglichen. "Das Kugellager des Mechanismus ist das präziseste in ganz Europa", so RUAG Space Austria-Geschäftsführer Andreas Buhl.

Während der Endfertigung des Teleskops auf der Erde war ebenfalls rot-weiß-rote Technik im Einsatz: Die Dreh-Kippvorrichtung, um das Weltraumobservatorium drehen und kippen zu können, stammt ebenfalls vom Wiener Unternehmen, das auch die Thermalisolation für die große Kommunikationsantenne des Teleskops geliefert hat.