Österreicher Josef Aschbacher wird nächster Generaldirektor der ESA
Aschbacher hatte sich bei einem Hearing gegenüber seinen Mitbewerbern aus Spanien und Norwegen durchgesetzt und wurde von der aus Schweden kommenden Vorsitzenden des ESA-Rats, Anna Rathsman, als einziger Kandidat zur heutigen Abstimmung vorgeschlagen. Der ESA-Rat ist quasi der Aufsichtsrat der Weltraumorganisation. Dass mit Aschbacher ein Österreicher an die Spitze der ESA gelangt, gilt als kleine Sensation. Den ESA-Generaldirektor stellten bisher vor allem die großen Mitgliedsstaaten wie Deutschland, Frankreich, Italien und Großbritannien, Österreich trägt dagegen nur rund ein Prozent zum ESA-Budget (6,7 Milliarden Euro im Jahr 2020) bei.
Aschbacher, geboren am 7. Juli 1962 in Ellmau, studierte an der Universität Innsbruck Meteorologie und Geophysik. Er blickt auf eine mehr als 30-jährige Berufserfahrung in internationalen Organisationen zurück. 2016 wurde er Direktor für Erdbeobachtung bei der ESA - der erste Österreicher, der einen Direktorenposten im ESA-Direktorium bekleidet. Mit dem Bereich verwaltet er das höchste Teilbudget der Raumfahrtagentur.
Bergbauernsohn an der Spitze der ESA
Als Siebenjähriger hat Aschbacher am elterlichen Bergbauernhof in Ellmau in Tirol auf einem flimmernden Fernseher die Mondlandung erlebt. Dass da jemand auf dem Mond spazieren geht, hat ihn schwer beeindruckt und zu seiner Faszination für den Weltraum, seiner Studien- und Berufswahl geführt. "Bei der ESA zu arbeiten war immer mein Traum", sagte er einmal zur APA. Nun steht der 58-Jährige als erster Österreicher an der Spitze der Europäischen Weltraumorganisation.
Dieser Höhenflug war keineswegs vorgezeichnet, vielmehr sollte der am 7. Juli 1962 geborene Aschbacher als ältester Sohn von sechs Kindern den elterlichen Hof übernehmen. Doch der Bub war wissbegierig und tägliche Visiten in der Pfarrbibliothek angesagt, um wieder ein neues Buch auszuborgen. Stipendium und Nebenjobs ermöglichten den Besuch des Gymnasiums und das Studium. Seine durch die Mondlandung geweckte Faszination ließ ihn Meteorologie und Geophysik an der Universität Innsbruck studieren, etwas "womit man mit dem Weltraum arbeiten kann", erinnerte er sich.
Doch nicht Österreichs erster Astronaut
Der Weltraum sollte sein ganzes berufliches Leben prägen, auch wenn ihm der große Traum verwehrt blieb, selbst dorthin zu kommen: Noch als Student wollte er Österreichs erster Astronaut werden und bewarb er sich für die Mission "Austromir" - erfolglos: 1991 flog Franz Viehböck als erster Astronaut zur damaligen russischen Raumstation "Mir".
Gleich nach seiner Dissertation im Jahr 1989 heuerte Aschbacher bei der ESA an. Seine erste Station war das European Space Research Institute (ESRIN) in Frascati bei Rom. Nach Aufenthalten in Asien, wo er am Asian Institute of Technology in Bangkok (Thailand) Erdbeobachtungsmethoden mit Radar-Technologien und Bildverarbeitung lehrte und die Interessen der ESA in Südostasien vertrat, kehrte er 1994 nach Europa zurück. In seinen sieben Jahren am EU-Joint Research Centre in Ispra (Italien) entwickelte Aschbacher das nunmehr unter dem Namen "Copernicus" bekannte EU-Erdbeobachtungsprogramm mit. Ab 2001 folgte eine siebenjährige Tätigkeit am ESA-Hauptquartier in Paris.
Danach ging der Vater dreier Kinder erneut an das ESRIN nach Italien, wo er für die Programmplanung und Koordination zuständig war. 2016 wurde er Direktor für Erdbeobachtung bei der ESA - der erste Österreicher, der einen Direktorenposten im zehn Mitglieder umfassenden ESA-Direktorium bekleidet. Mit dem Bereich Erdbeobachtung verwaltet er das höchste Teilbudget der Raumfahrtagentur und ist für alle ESA-Erdbeobachtungsmissionen sowie damit in Verbindung stehenden Anwendungen zuständig.
Erdbeobachtung mit Herzblut
Der Autor von mehr als 100 wissenschaftlichen Publikationen ist dabei nicht nur Weltraum-Bürokrat, sondern betreibt die Erdbeobachtung mit Herzblut. Wenn er etwa auf Satellitenbildern die Zerstörung des Amazonas sieht, sagt er laut Wochenzeitschrift "Zeit": "Das ist die Lunge der Erde, und wir holzen das ab? Da verliert man doch den Glauben an die Vernunft. Es ist verbrecherisch, wie wir mit diesem Planeten umgehen."
Dass mit Aschbacher ein Österreicher Mitte kommenden Jahres den amtierenden Generaldirektor Jan Wörner an der Spitze der ESA ablöst, gilt als kleine Sensation. Den ESA-Generaldirektor stellten bisher vor allem die großen Mitgliedsstaaten wie Deutschland, Frankreich, Italien und Großbritannien, Österreich trägt dagegen rund ein Prozent zum ESA-Budget (6,7 Milliarden Euro im Jahr 2020) bei.