3D-Visualisierung - Wie die Forschung den Mars in Augenschein nimmt

Seit der Mars Rover Perseverance am 19. Februar 2021 das erste Bild auf die Erde sandte, wird eine enorme Menge an (Bild)Daten generiert. Diese gilt es von den Forschenden zu einem großen Ganzen zusammen­zuführen, zu interpretieren und zu visualisieren. Kürzlich erschien eine aus Österreich angeführte Publikation dazu. Die interaktive 3D-Rekonstruktion ermöglicht Planeten­wissenschafter:innen eine realitätsnahe Erkundung und Analyse, die einen wesentlichen Beitrag zum Verständnis des Mars-Klimas liefern.

Bibliographische Daten

G. Paar et al.
Herausgeber: John Wiley & Sons, Ltd
Englisch, 29 Seiten

Inhaltsbeschreibung

Die Mars-2020-Mission liefert beeindruckende Bilder vom roten Planeten. Wie man aus der Vielzahl an Daten naturgetreue 3D-Visualisierungen kreiert und welche Informationen man daraus gewinnen kann, ist allerdings hoch komplex.

Gerhard Paar von DIGITAL, dem Institut für digitale Technologien der JOANNEUM RESEARCH, veröffentlichte kürzlich mit einem 19-köpfigen internationalen Forschungsteam einen umfangreichen State-of-the-Art Report über die missionsumspannende dreidimensionale Datenaufbereitung.

Von österreichischer Seite sind für die 3D-Datenauswertung die JOANNEUM RESEARCH und das VRVis Zentrum für Virtual Reality und Visualisierung, dessen Forscher:innen das Visualisierungswerkzeug PRo3D entwickelt haben, sowie die Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW) an der Mars-2020-Mission beteiligt.

Wir haben erstmals das Zusammenspiel der unterschiedlichen im Zuge der Mission verwendeten 3D-Werkzeuge und ihre Synergien untersucht und zusammengefasst.

erklärt Erstautor Gerhard Paar

Als Grundlage für die Erzeugung von dreidimensionalen Bildern dienen eine am Mars-Rover angebrachte Stereobildkamera – die Mastcam-Z – und weitere Kameras, welche die Daten liefern.

VRVis-Forscher Christoph Traxler erklärt den Stand der Technik:

PRo3D liefert für die geologische Interpretation notwendige Mess- und Visualisierungswerkzeuge und wird für die Produktion von Abbildungen in Publikationen sowie höchstauflösende Videos verwendet, die auch für niederschwellige Wissenschaftskommunikation essenziell sind. Unsere Tools sind an Untersuchungen der Oberflächeneigenschaften des Marsbodens ebenso beteiligt wie an geologischen Analysen in Distanzen bis zu etwa 100 Metern.

Christoph Traxler

Die interaktive 3D Rekonstruktion ermöglicht Planetenwissenschafter:innen eine realitätsnahe Erkundung und Analyse, die der im Feld nahekommt. Laut Christian Koeberl (Universität Wien/ÖAW) wird damit ein wesentlicher Beitrag zum Verständnis des Mars-Klimas der letzten drei Milliarden Jahre, der Geschichte und Rückbildung von Wasser auf dem Mars sowie der Erklärung geologischer Prozesse geleistet.

Verschiedene Visualisierungstools erschaffen das große Ganze

Insgesamt sind es an die zehn Bildverarbeitungstools, die bei diesem gigantischen länderübergreifenden Projekt im Einsatz sind und die die 3D-Modellierung und 3D-Visualisierung ermöglichen, einige davon sind öffentlich verfügbar. Damit lässt sich die Marsoberfläche aus den Bildern rekonstruieren und 3D-Datenprodukte mit unterschiedlichsten Informationen über die Marsoberfläche erstellen.

Beispiele dafür sind Höhen- oder Entfernungskarten, die die 3D-Koordinaten jedes Punktes aufzeichnen. In Kombination mit Daten von anderen Sensoren oder Quellen – einschließlich 3D-Modellen von Satelliten – und in verschiedenen Maßstäben wird die Interpretation und Verortung der verarbeiteten Produkte zusätzlich verbessert. Die dreidimensionalen Datenprodukte werden dann für die Navigation des Rovers, für die exakte Visualisierung der Marsoberfläche sowie für exakte räumliche Vermessungen verwendet – teilweise genauer, als das auf der Erde mittels GPS möglich ist.

Die 3D-Vision-Verarbeitung und -Visualisierung ist ein wesentliches missionsweites Hilfsmittel, um wichtige Fragen der Planetenforschung wie die vorherrschende Windrichtung in unterschiedlichen Epochen, die Bodenzusammensetzung oder den geologischen Ursprung zu lösen.

Beteiligte

Fördergeber des österreichischen Beitrags: FFG

Die JOANNEUM RESEARCH mit Hauptsitz in Graz ist eine Innovations- und Technologieanbieterin im Bereich der angewandten Forschung. Als Forschungsgesellschaft der Länder und Regionen
prägen wir mit unseren Forschungskompetenzen die Entwicklung unserer modernen Gesellschaft und Wirtschaft nachhaltig und menschenzentriert.

VRVis Zentrum für Virtual Reality und Visualisierung Forschungs-GmbH ist Österreichs führende Forschungseinrichtung auf dem Gebiet des Visual Computing und betreibt mit seinen über 70 Mitarbeiter:innen in Zusammenarbeit mit Industrieunternehmen und Universitäten innovative Forschungs- und Entwicklungsprojekte. Das VRVis ist ein Kompetenzzentrum, welches im Rahmen des COMET-Programms durch BMK, BMDW, Land Steiermark, Steirische Wirtschaftsförderung – SFG und Wirtschaftsagentur Wien – Ein Fonds der Stadt Wien gefördert wird. Das Programm COMET wird durch die FFG abgewickelt.

Die Österreichische Akademie der Wissenschaften hat die gesetzliche Aufgabe, "die Wissenschaft in jeder Hinsicht zu fördern". 1847 als Gelehrtengesellschaft gegründet, steht sie mit ihren heute über 770 Mitgliedern, 27 Forschungsinstituten sowie rund 1.800 Mitarbeiter:innen für innovative Grundlagenforschung, interdisziplinären Wissensaustausch und die Vermittlung neuer Erkenntnisse – mit dem Ziel zum wissenschaftlichen und gesamtgesellschaftlichen Fortschritt beizutragen.