Women in Space: Prof. Dr. Christiane Helling
Prof. Dr. Christiane Helling ist nicht nur seit Herbst 2021 neue Direktorin des Instituts für Weltraumforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, sondern auch Professorin für Weltraumwissenschaften an der TU Graz sowie Honorary Professor für Physics & Astronomy an der University of St Andrews (UK).
Damit vereint sie in ihrem Arbeitsleben so gleich mehrere Ebenen: Die der Direktorin eines internationalen Forschungsinstitutes, die der Forscherin und Leiterin einer Arbeitsgruppe, sowie die der Universitätsprofessorin, die unterrichtet und Studierende bei deren Abschlussarbeiten betreut.
Als Direktorin vertritt Prof. Helling das Institut nach außen sowie in nationalen und internationalen Gremien. Als Forscherin und Arbeitsgruppenleiterin arbeitet die Physikerin mit ihren Doktorand:innen und PostDocs daran, die chemische Zusammensetzung der Atmosphären der über 5000 bekannten Exoplaneten zu entziffern. Eine faszinierende Forschungsarbeit, denn letztlich ist jede Atmosphäre das Fenster zu einem dieser Planeten. Dabei werden komplexe Computersimulationen als virtuelle Laboratorien verwendet, um so für das Labor auf der Erde oder auch für Weltraummissionen unerreichbare physikalische Bedingungen zu erforschen. Als Universitätsprofessorin lässt sie Studierende an ihrem Fachwissen und ihrer Faszination teilhaben.
Zwischen Exoplaneten und Bordcomputern
Das Institut für Weltraumforschung, dem Prof. Helling nun vorsteht, ist mit ca. 100 Mitarbeiter:innen eines der größten Institute der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Das IWF ist ein sehr aktives Forschungsinstitut, welches sich mit der Erkundung der Planeten innerhalb und außerhalb unseres Sonnensystems befasst, sowie mit dem Einfluss des Zentralgestirns auf diese Planeten. Das IWF pflegt eine enge Verbindung zwischen Forschung und Instrumentierung, so dass die am Institut entwickelten Messinstrumente gezielt zu neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen führen können.
Die derzeitigen wissenschaftlichen Interessen des Instituts reichen von der Erforschung des Sonnensystems, dem Studium von Plasmaprozessen in der Planetenumgebung sowie im interplanetaren Raum, über die Erforschung von Exoplaneten (Planeten außerhalb unseres Sonnensystems) und deren Geburtsorten, bis hin zur Miniaturisierung von Elektronik und zum Bau von Bordcomputern, Satellitensteuereinheiten, Data Compression Units und Magnetometern.
Das IWF-Knowhow hat alle Planeten unseres Sonnensystems (außer Uranus und Neptun), zu denen je eine Weltraummission unterwegs war, besucht. Das IWF betreibt eine Satellite Laser Ranging Station, die an der Abstandsmessung zu Satelliten und Weltraumschrott bis zu einer Höhe von 36.000 km beteiligt ist, und so zur Verhinderung von Satellitenkollisionen beiträgt.
„Die Arbeit und die Erfolge meiner Kolleg:innen lassen mich keine Sekunde daran zweifeln, dass Graz die Weltraumhauptstadt Österreichs ist," so Helling.
Große Träume, realistische Schritte
Den Anfang machte Christiane Helling in Berlin. Dort studierte sie an der Freien Universität und der Technischen Universität Physik. Ein Stipendium der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ermöglichte ihr die Promotion und schuf den Zugang zu ihrem ersten interdisziplinären Forschungsprojekt. In Zusammenarbeit mit Ingenieur:innen wurden Phasenübergänge in turbulenten Medien erforscht. Einfacher ausgedrückt: Wolkenbildung in turbulenten Atmosphären.
Die Faszination für die physikalisch-chemischen Prozesse der Wolkenbildung sowie deren dramatischen Effekte auf ihre Umgebung sind geblieben. Aktuell arbeitet Prof. Helling in einem Team an einem allgemeingültigen Wolkenmodell, das sowohl die Wolkenbildung in den Atmosphären des Sonnensystems also auch in denen der Exoplaneten vorhersagen kann, und zwar unter dem Einfluss des sich ändernden Strahlungsfeldes des Zentralgestirns.
Bevor die Physikerin nach Österreich kam, brachte sie ihre wissenschaftliche Laufbahn in die Niederlande und nach Großbritannien, und zwar in die Sterrewacht Leiden, das European Space Research and Technology Center (ESTEC/ESA) in Noordwijk und die University of St Andrews in Schottland. Mit großem Erfolg: Christiane Helling kam als SUPA Advanced Research Fellow nach St Andrews und verließ es als Professorin für Physik und Astronomie, um die Stelle als Direktorin des IWF in Graz anzutreten. Zusätzlich ist sie an der Technischen Universität Graz als Professorin für Weltraumwissenschaften tätig.
Für Studenten, die in ihre Fußstapfen treten wollen, hat sie einen ganz klaren Rat:
Den Anfang bildet eine gute Ausbildung. Dazu muss man kein Überflieger sein, aber man braucht den Mut zum Durchhalten, den Mut, Fehler zuzulassen sowie eine Passion für die Wissenschaft. Eine gute Vernetzung ist in allen Karrierephasen wichtig. In jedem Falle: Dream big but take realistic steps.