Forscher fanden in Mondprobe Milliarden Jahre alten Mikrometeoriten
Der Mond ist übersät mit Einschlagkratern, aber in den Proben, die mit Apollo- und Luna-Missionen zur Erde gebracht wurden, finden sich kaum Meteoritenspuren. Ein Forscherteam mit österreichischer Beteiligung hat nun in einer von Luna-16 aufgesammelten Bodenprobe ein Meteoritenfragment identifiziert, das wahrscheinlich vor rund einer Milliarde Jahre eingeschlagen ist, berichtet es im Fachjournal "Nature Astronomy".
Alleine auf der erdzugewandten Seite des Mondes zählt man etwa 300.000 Krater mit über einem Kilometer Durchmesser. In den rund 380 Kilogramm Mondgestein und -staub, die in den 1960er- und 1970er-Jahren von den US-amerikanischen Apollo- und den russischen Luna-Missionen zur Erde gebracht wurden, hat man bisher aber nur winzige Eisen-Nickel-Metallkörnchen mit vermutlich meteoritischem Ursprung gefunden.
"Eindeutig identifiziert wurden in den Proben bisher nur zwei Meteoritenfragmente", erklärte der ehemalige Direktor der Mineralogisch-Petrographischen Abteilung des Naturhistorischen Museums (NHM) Wien, Franz Brandstätter, gegenüber der APA. Er ist seit seiner Pensionierung weiterhin als assoziierter Wissenschafter am Museum tätig und war an der Untersuchung des Fragments beteiligt.
Ein Grund für die kaum vorhandenen Meteoritenspuren ist die fehlende Atmosphäre des Mondes. "Selbst winzige Teile schlagen dort ungebremst ein und durch das ständige Bombardement sind Teile der mehrere Meter dicken Regolith-Schicht, die weite Areale der Mondoberfläche bedeckt, über Milliarden von Jahren immer wieder aufgeschmolzen, verdampft und durchmischt worden", so Brandstätter.
Mikroanalytik ermöglicht neue Forschungen
Doch Fortschritte in der Mikroanalytik würden es rechtfertigen, erneut und systematisch nach Resten von Meteoriten in lunaren Bodenproben zu suchen. Denn es sei nun möglich, Eigenschaften selbst Mikrometer großer Stücke detailliert zu bestimmen, schreiben die Forscher in der Arbeit.
Die am 12. September 1970 gestartete Sonde "Luna 16" hat als erste sowjetische Mission Mondgestein zurück zur Erde gebracht. Aus diesen Proben stammt das rund 200 Mikrometer große Stück, das die Wissenschafter um Svetlana Demidova von der Russischen Akademie der Wissenschaften, in der aktuellen Arbeit nun als Fragment eines Meteoriten identifiziert und einem bestimmten Meteoritentypen zuordnen konnten. "Es handelt sich um ein Stück mit typischen Merkmalen von LL-Chondriten, einer der häufigsten Meteoritengruppen", sagte Brandstätter, der gemeinsam mit Theodoros Ntaflos von der Uni Wien an der mineralogischen Charakterisierung des Fragments mitgearbeitet hat.
"Dabei zeigte sich, dass dieses Fragment eine ganz bemerkenswerte Übereinstimmung mit Partikeln aufweist, die vom Asteroiden 'Itokawa' aufgesammelt wurden", so Brandstätter. Die japanische Sonde Hayabusa hatte 2005 erstmals in der Geschichte der Raumfahrt Proben von einem Asteroiden entnommen und 2010 zur Erde zurückgebracht.
Fallalter rund eine Milliarde Jahre
Bei Meteoriten wird zwischen Entstehungs- und Fallalter unterschieden. Letzteres entspricht der Zeit, die seit dem Einschlag eines Meteoriten verstrichen ist. Im Rahmen der Studie konnten die Wissenschafter auch grob das Fallalter des Mikrometeoriten bestimmen. Sie schätzen, dass dies mindestens rund einer Milliarde Jahre beträgt.
"Alle auf der Erde gefundenen Meteoriten haben ein viel jüngeres Fallalter, das maximal vielleicht ein paar Millionen Jahre beträgt", so Brandstätter. Der Grund dafür sind die Verwitterung und bis heute andauernde geologische Prozesse, durch die kein Stein auf dem anderen bleibt. Beides fehlt auf dem Mond weitgehend.
Anhand des Minerals Merrillit konnten die Wissenschafter das Entstehungsalter des Meteoritenfragments auf rund 4,5 Mrd. Jahre bestimmen. "Das entspricht den frühen Stadien der Entwicklung unseres Sonnensystems und stimmt mit der Zeit überein, in der sich die Bestandteile der Chrondrite gebildet haben" so Brandstätter. (APA)