Mehr geht nicht: Höchste Energie bei Doppelstern-Explosion

Ein Forscherteam mit österreichischer Beteiligung hat die Beschleunigung von Teilchen mit der bisher höchsten Energie bei einer Nova beobachtet.

Wenn in einem Doppelstern-System ein Weißer Zwerg von seinem Begleitstern viel Materie absaugt, kann es zu einer thermonuklearen Explosion - einer "Nova" kommen. Bei solchen Ereignissen können Teilchen bis in den Gammastrahlenbereich beschleunigt werden. Ein Forscherteam mit österreichischer Beteiligung hat nun die Beschleunigung von Teilchen mit der bisher höchsten Energie bei einer Nova beobachtet, sie lag sogar am theoretischen Limit, berichten sie im Fachblatt "Science".

Sonnenähnliche Sterne blähen sich am Ende ihrer Lebenszeit zu Roten Riesen auf, ehe sie zu einem Weißen Zwerg kollabieren. Diese kleinen, sehr kompakten alten Sterne haben zwar noch eine sehr hohe Oberflächentemperatur, aber nur eine sehr geringe Leuchtkraft, weil jegliche Kernfusion mangels Brennstoff schon erloschen ist.

Ist ein solcher Weißer Zwerg allerdings Teil eines Doppelsternsystems, kann er Materie von seinem nahen massereichen Begleitstern aufsammeln. Erreicht die aufgesaugte Menge von Wasserstoff einen kritischen Wert, tritt an der Oberfläche des Weißen Zwergs ein explosionsartiges Wasserstoffbrennen auf. Das führt nicht nur zum Aufleuchten des alten Sterns. Die bei einer solchen Nova entstehenden Schockwellen können auch Teilchen bis in den Gammastrahlenbereich beschleunigen, wie man aus Beobachtungen mit dem Fermi-Weltraumteleskop weiß.

Explosionen alle 15 bis 20 Jahre

Novae eines Sterns können in regelmäßigen Abständen immer wieder auftreten. Das ist etwa im Doppelstern-System "RS Ophiuchi" (RS Oph) der Fall, wo es alle 15 bis 20 Jahre zu solchen Explosionen kommt. "Beim letzten Ausbruch von RS Oph im Jahre 2006 war kein Gammastrahlenteleskop im Orbit", erklärte Olaf Reimer vom Institut für Astro- und Teilchenphysik der Universität Innsbruck in einer Aussendung.

Ein Hobbyastronom entdeckte im August 2021 einen neuerlichen Ausbruch von "RS Oph" im optischen Wellenlängenbereich und alarmierte die Astronomen. Diese richteten blitzartig ihre Teleskope und Observatorien darauf aus und konnten das Phänomen vom Weltraum und von der Erde aus detailliert über einen längeren Zeitraum studieren - etwa mit den H.E.S.S.-Teleskopen in Namibia.

Diese werden seit 20 Jahren von einer internationalen Kollaboration betrieben, der seit 2009 auch Österreich angehört. Reimer leitet die H.E.S.S.-Arbeitsgruppe an der Uni Innsbruck. Die Teleskope sind nach dem österreichischen Physiker und Entdecker der kosmischen Strahlung Victor Franz Hess benannt. Sie messen Gammastrahlen, die beim Eindringen in die Erdatmosphäre eine Vielzahl an geladenen Teilchen produzieren. Diese emittieren dann über den sogenannten Cherenkov-Effekt sichtbares Licht, das von den Teleskopen registriert wird.

Grenze des Möglichen erreicht

Die mit den H.E.S.S.-Teleskopen gewonnenen Daten hätten Erstaunliches gezeigt, erklärte Reimer. So wurden Teilchen beobachtet, die mehrere hundertmal höhere Energien aufwiesen als jemals zuvor bei Novae gemessen wurden. Mit der freigesetzten Energie wurden offenbar Protonen und schwerere Kerne höchst effizient auf Energien im Giga- und Teraelektronenvolt-Bereich beschleunigt. Damit wurde den Forschern zufolge die Grenze des Möglichen erreicht - mehr geht laut den theoretischen Modellen für derartige Situationen nicht.

Die Wissenschafter konnten die Eruption von "RS Oph" durch wiederholte Beobachtungen in kurzen Zeitabständen fast in Echtzeit mitverfolgen und dabei Einblicke in die Funktionsweise kosmischer Explosionen gewinnen. Sie haben dabei höchstenergetische Gammastrahlung noch bis zu einem Monat nach der Explosion nachgewiesen. Novae könnten damit zur allgegenwärtigen kosmischen Strahlung beitragen.