Mit Satelliten und Drohnen langsame Hang-Bewegungen früh erkennen

Berghänge können sich über Jahrtausende im Millimeter- und Zentimeterbereich bewegen, ohne dass man das wahrnimmt. In manchen Fällen beschleunigen sich aber solche sogenannten tiefgründigen Hangbewegungen oder sie lösen sekundäre Ereignisse wie Felsstürze oder Erdrutsche aus. In einem dreijährigen Forschungsprojekt haben nun österreichische Forscher geprüft, ob man mit Satelliten oder Drohnen und innovativen Fernerkundungsmethoden solche Hangbewegungen früh erkennen kann.

"Tiefgründige Massenbewegungen gibt es schon seit dem Ende der letzten Eiszeit, als die sich zurückziehenden Gletscher Täler mit sehr steilen Talwänden zurückgelassen haben und das abgeschmolzene Eis zu einer Stress-Entlastung des Gesteins geführt hat", erklärte Anne Hormes von dem auf die Analyse von Naturgefahren spezialisierten Innsbrucker Ingenieurbüros "sky4geo" gegenüber der APA. Sie leitete das Forschungsprojekt VIGILANS, in dem Wissenschafter und Experten der Universität für Bodenkultur, der Geologischen Bundesanstalt, der Wildbach und Lawinenverbauung und des Bundesforschungszentrums für Wald kooperieren. Zum Abschluss des Projekts veranstalteten die Forscher am Freitag einen Workshop zur 3D-Visualisierung, bei dem die Möglichkeiten des Satelliten- und Drohnenmonitorings präsentiert wurden.

Hangbewegungen können bis in Tiefen von 100 bis 300 Meter reichen

Solche tiefgründigen Hangbewegungen können ganze Gebirgsflanken beeinflussen und bis in Tiefen von 100 bis 300 Meter reichen. Experten könnten solche Deformationen im Gelände gut an bestimmten Landschaftsformen wie Anrisskanten oder Spaltenbildung erkennen, sagte Hormes. Da sich die Hänge aber oft nur im Bereich von wenigen Millimeter bis Zentimeter pro Jahr bewegen, sei es häufig unbekannt, ob Hangbewegungen aktiv sind.

Wenn solche Bewegungen über Jahrtausende andauern, kann es im Gestein zu Ermüdungserscheinungen kommen und durch verschiedene Auslöser, etwa Veränderungen im Permafrostboden, mehr Hangwasser oder stärkerer Niederschlag, zu schnelleren Bewegungen kommen, die Ortschaften, Siedlungen und Infrastruktur gefährden. Zudem können sich sekundäre Prozesse wie Rutschungen von Teilschollen, Felsstürze, Steinschläge oder Murgängen aus diesen tiefgründigen Massenbewegungen herauslösen.

"Deshalb sollten man sich dafür interessieren, wie man solche Beschleunigungsphasen erkennen kann", erklärte Hormes und verweist auf Norwegen, wo man schon seit Jahren ein systematisches Monitoring solcher Hangbewegungen betreibt. Hintergrund ist das Fjordsystem des Landes, wo man das Problem hat, dass ein Felssturz in einem Fjord Tsunamis auslösen kann, die auch weiter entfernte Siedlungen bedrohen. Diese Gefahr bestehe aber durchaus auch in den Alpen, sagte die Expertin und erinnert an die Katastrophe von Longarone: 1963 löste ein Bergsturz in den Stausee des Flusses Vajont im Nordosten Italiens eine Flutwelle aus, der rund 2.000 Menschen zum Opfer fielen.

Testgebiete in Tirol und Salzburg

Anhand von vier Testgebieten in Nord- und Osttirol sowie in Salzburg haben die Wissenschafter in dem Projekt den Einsatz innovativer Fernerkundungsmethoden zur Identifizierung und Einschätzung von langsamen Hangbewegungen genutzt und die so erlangten Bewegungsdaten mit Ergebnissen der klassischen Vermessung, des terrestrischen und luftgestützten Laserscannings und der geologischen Kartierung verglichen.

Sie nutzten dazu Daten des Erdbeobachtungs-Satelliten "Sentinel-1" der Europäischen Weltraumagentur ESA und des deutschen Satelliten TerraSAR-X. "Sentinel-1" fliegt alle sechs Tage über jeden Punkt Europas und misst mittels Radar den Abstand zur Erdoberfläche. "So kann man Oberflächenbewegungen ab einem Zentimeter pro Jahr erkennen", sagte Hormes. Ein Problem dabei ist, dass das Radarsignal durch Vegetation gestreut wird, also etwa über Wäldern oder landwirtschaftlich genutzten Flächen nicht genutzt werden kann. Häuser oder Straßen könnten dabei aber als Referenzpunkte helfen. Die Satellitendaten sind frei verfügbar und liegen seit 2014 vor. Damit könne man Hangbewegungen auch retrospektiv auswerten.

"Mit den Satellitendaten kann man bei größeren Gebieten auf einen Blick sehen, ob sich ein Hang recht schnell bewegt und man sich diesen genauer anschauen sollte", erklärte Hormes. Für einen solchen Einsatz in einem begrenzten Gebiet eignen sich Drohnen, die mittels 3D-Drohnen-Photogrammetrie Hangbewegungen ab etwa fünf Zentimeter pro Jahr registrieren können. Zudem könnten sie eine sehr gute räumliche Vorstellung von der Hangdeformation liefern, etwa ob es Subschollen gibt, und wie deren Grenzen verlaufen. Die Flugplanung für die Drohnen sei aber sehr aufwändig und man benötige dafür sehr genaue Geländemodelle, Kontrollpunkte am Boden, Spezialdrohnen und das globale Navigationssatellitensystem.

Im Zuge des EU-Erdbeobachtungsprogramms "Copernicus" soll im kommenden Jahr das European Ground Motion Service (EGMS) starten, mit dem natürliche und anthropogene Bodenbewegungen in ganz Europa millimetergenau erfasst werden sollen. "Wenn wir etwas gelernt haben in diesem Projekt, dann ist es die Tatsache, dass es gerade im Gebirge sehr schwer ist, Satellitendaten von großen Gebieten zu verarbeiten", sagte Hormes. Daher sei es wichtig, sich mit solchen Fernerkundungsmethoden auf einzelne Gebiete zu konzentrieren, die man sich aufgrund von bestimmten Hinweisen näher anschauen sollte. So könne man besser und gezielter Daten verarbeiten, bessere Kalibrationspunkte verwenden und damit alle negativen Effekt und Unsicherheiten ausschließen, die man aus der Methode kennt.