Impaktforscher: Österreich braucht Kameras zum Meteorenschauen
Das "FRIPON" (Fireball Recovery and InterPlanetary Observation Network) wurde in Frankreich vor ein paar Jahren gegründet, sagte Köberl, der am Department für Lithosphärenforschung der Universität Wien forscht und der Geowissenschaftlichen Kommission (GeoK) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) vorsteht. Dort beobachten mittlerweile schon über 100 ans Internet angeschlossene Kameras, die 30 Bilder pro Sekunde aufnehmen, den Himmel. In anderen Ländern Europas und in Nordafrika sind weitere 50 Kameras aufgebaut. In Österreich gibt es bisher eine einzige, und zwar am Dach des Naturhistorischen Museums (NHM) in Wien, die Köberl dort in seiner Zeit als Generaldirektor installieren ließ.
Bisher nur eine Kamera in Betrieb, benötigt werden aber sechs bis zehn
Um das Bundesgebiet gut abdecken zu können, bräuchte es aber sechs bis zehn solcher Kameras, erklärte er. Sie sind mit maximal 2.000 Euro nicht sehr teuer, aber man benötigt an dem Standort Strom, einen Internetanschluss und Betreuung vor Ort. Sie könnten zum Beispiel bei Amateur-Astronomen oder Sternwarten aufgestellt werden, meint Köberl. Betreut würden sie dann von dem Kurator der Meteoritensammlung des NHM, Ludovic Ferrière, der sich auch um die Kamera auf dem Museum in Wien kümmert. Außerdem arbeitet die ÖAW dazu mit der österreichischen Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) zusammen. Jene betreut nämlich Wetterstationen im ganzen Land, wo diese Voraussetzungen gegeben wären. Außerdem hat die ZAMG zur Erdbebenbeobachtung Infraschallstationen, mit denen man den "Sound" größerer Meteore detektieren könne.
Von Österreich aus hat man noch nicht viele Feuerbälle gesehen, so Köberl: "Sieben wurden nachgewiesen, davon vier beobachtet und es gab drei Funde." Im April 2020 wurde ein Feuerball beobachtet, bei dem man annahm, dass ein kleiner Gesteinsbrocken im Süden der Ostalpen bei Mürzzuschlag (Steiermark) aufgeschlagen sein könnte. Es wurde aber nichts gefunden. "Man musste im Wald und im unwegsamen Gelände suchen, und es lag gerade Schnee, die Verhältnisse waren also alles andere als optimal", sagte er.
Erfolgreich war man hingegen nach einer Meteoren-Beobachtung in England über Winchcombe am 28. Februar 2021. Sie wurde von den FRIPON Kameras (und anderen Beobachtungsstationen auf der Insel) aufgezeichnet. Schließlich entdeckte man Fragmente von insgesamt einem Pfund (rund 450 Gramm) Masse in einer Wiese. "Sie sind zwar auf Privatgrund gelandet, aber wurden dankenswerterweise sofort an ein Museum übergeben", so Köberl. Wie in vielen anderen Staaten auch, wäre in Österreich übrigens unklar, ob solch ein Gesteinsbrocken aus dem All den Grundbesitzern oder der Allgemeinheit gehört. "In manchen Ländern wie Australien ist dies gesetzlich eindeutig geregelt, dort heißt es sehr schön, er wäre 'Eigentum der Krone'", so der Impaktforscher.
Kameraaufzeichnungen helfen bei der Lokalisierung
Durch die Kameraaufzeichnungen kann man demnach ermitteln, wo ein Gesteinsbrocken landet, wenn er nicht in der Atmosphäre verglüht. "Dazu braucht man aber zwei bis drei Kameras, die ihn erfassen, um seine Flugbahn triangulieren zu können", erklärte er. Freilich ist es auch möglich, zu berechnen, von wo er herkommt. "Das hat man erstmals 1803 in L'Aigle in Frankreich anhand von Augenzeugenberichten gemacht, als ein Meteorschauer als Steinregen herabfiel", so der Experte. Dadurch konnte man zurückrechnen, dass die Gesteinsbrocken von außerhalb der Erdatmosphäre kommen, was damals nicht klar war. "Man hat bis zu diesem Zeitpunkt auch Eruptionsmaterial von weit entfernten Vulkanen und Ansammlungen von Material in der Erdatmosphäre ähnlich wie Hagelkörner in Betracht gezogen", sagte Köberl.
Außerdem ermöglicht die Beobachtung von vielen kleinen Feuerbällen hochzurechnen, wie viele größere, teils gefährliche Gesteinsbrocken im Sonnensystem herumfliegen. "Man kennt die wirklich großen Objekte, die mehr als einen halben Kilometer Durchmesser haben, schon sehr gut, aber von jenen zwischen einem und hundert Metern wissen wir nicht viel", erklärte er. Ab etwa fünf Meter Durchmesser wären sie potenziell gefährlich. "Der Feuerball bei Tscheljabinsk in Russland am 15. Februar 2013 war ein Objekt von knapp 20 Metern Durchmesser, der aus heiterem Himmel kam", sagte Köberl. Es gab damals 1.500 Verletzte im gut 60 Kilometer entfernten Ort und wahrscheinlich nur deshalb keine Todesfälle, weil das Gebiet nicht dicht bewohnt ist.
"Beobachtungen am unteren Ende der Masse-Skala durch solche Beobachtungsnetzwerke können die Statistik hier deutlich verbessern, und wenn man die kleinen und großen Objekte kennt, kann man interpolieren, wie viele es dazwischen gibt", sagte Köberl: "Dann werden wir wohl mit Entsetzen feststellen, dass wir nur einen Bruchteil davon kennen."
Das Symposium "Meteore und Meteoriten - Das internationale FRIPON-Netzwerk" wird von der ÖAW und ZAMG organisiert und findet am 30. Juni statt. Hier gehts zum Event inkl. Live Stream.
Quelle: APA