Erster Helikopter-Flug am Mars startet mit kleinem Austro-Anteil

Nach der gestrigen Landung des Mars-Rovers "Perseverance" am 18. Februar soll nun eine Helikopter-Drohne in die dünne Atmosphäre des Roten Planeten erheben. Aus Ermangelung eines Satellitenpositionierungssystems wie GPS muss sich die Drohne "Ingenuity" anhand von Kamerabildern selbstständig orientieren. Einer der Entwickler des Algorithmus des Kamera-basierten Systems ist der an der Universität Klagenfurt tätige Schweizer Stephan Weiss.
Ingenuity, der erste Helikopter auf dem Mars
Ingenuity, der erste Helikopter auf dem Mars (APA (AFP) )

Der auf Deutsch auf den Namen "Einfallsreichtum" hörende Mini-Hubschrauber wiegt lediglich 1,8 Kilogramm und sorgte in der Vergangenheit schon für einiges Aufsehen. In der extrem dünnen Atmosphäre müssen die vier Rotorblätter aus Kohlefasern sehr viel schneller rotieren als dies auf der Erde der Fall wäre. In bis zu vier Flugversuchen soll "Ingenuity" beweisen, dass derartige Flüge am Mars möglich sind.

Orientierung im Krater

Mittels Kameras und einer am Jet Propulsion Laboratory (JPL) des California Institute of Technology (Caltech) entwickelten Software soll dann die Orientierung im "Jezero Krater" gelingen. So will man auch die Topografie der Umgebung festhalten. Weiss setzt sich seit seiner Dissertation an der ETH Zürich mit der Entwicklung von Systemen für diese innovative Art der Orientierung und Navigation auseinander. Zwischen 2012 und 2015 war er in der Sache am JPL tätig, wo er seine Ideen weiter verfolgen konnte. "Können wir das auf dem Mars fliegen?", fragte nach der Technologiedemonstration seiner Dissertation dort der damalige JPL-Chef Charles Elachi, wie Weiss im Gespräch mit der APA erklärte.

Das Vertrauen ist seither gewachsen, so der nunmehrige Institutsvorstand des Instituts für Intelligente Systemtechnologien an der Uni Klagenfurt, der in 14-tägigen Meetings weiter in das aufsehenerregende Projekt eingebunden ist: "Wir sind noch am Puls der Entwicklung." In den vergangenen Jahren galt es vor allem, das System zu vereinfachen, um auf dem Mars möglichst fehlerfrei manövrieren zu können. Am Landepunkt ist das Gelände vor allem flach, dementsprechend wenig Kontrast und markante Anhaltspunkte bietet die Umgebung. Das sei vergleichbar mit einer Ski-Abfahrt kurz vor der Dämmerung, wo sich Unebenheiten kaum noch aus einen gewissen Vogelperspektive ausmachen lassen. Genau für derartiges ist der Algorithmus nun optimiert, erklärte der Forscher.

"Die Nervosität steigt"

Der große Test fernab der Erde rückt mit der Landung näher. "Die Nervosität steigt", sagte Weiss. Wann der erste Versuch lanciert wird, sei noch nicht klar. Er rechnet aber mit gut ein bis zwei Monaten, bis alle Checks erledigt sind. "Ein sehr befriedigendes Gefühl" bescheret es dem Schweizer, wenn nun tatsächlich so eine grundlegende Forscher-Idee am Mars ihre Umsetzung erfahren soll: "So etwas passiert einfach, man kann das nicht herbeidenken oder hoffen. Manchmal ist man einfach zur richtigen Zeit am richtigen Ort."

Jetzt treibt der Wissenschafter und sein Team auch von Klagenfurt aus die Entwicklung voran. So etwa im Rahmen der Mars-Analog-Missionen "AMADEE-20", die vom Österreichischen Weltraum Forum (ÖWF) organisiert wird. In Mars-ähnlicher Umgebung in der Wüste Israels soll im Herbst im Experiment "AMAZE" die Kamera-basierte Navigation ebenfalls erprobt werden.

"Es gibt noch zahlreiche Situationen und Geländespezifikationen, die dazu führen, dass zur Zeit erhältliche Algorithmen und Methoden eben nicht funktionieren", sagte Weiss. Hier sei man auf Daten in derart herausfordernden Umgebungen angewiesen. "Wir sind gerade dabei, neuartige Algorithmen in der Forschung zu entwickeln." Das sei nicht nur für die Erkundung ferner Welten wichtig, da es auch auf der Erde viele Situationen gibt, wo GPS-Navigation schwierig ist. Ebenso verhält es sich natürlich in Innenräumen.