Wer draußen im All die Erde sehen und hören könnte
Die Direktorin des Carl Sagan Institute an der Cornell University (USA) und ihre Kollegin Jackie Faherty vom American Museum of Natural History in New York haben quasi den Blick aus der Sicht von Aliens zurück auf die Erde gewagt. "Wir wollten wissen, welche Sterne den richtigen Blickwinkel auf die Erde haben, um diese dann zu sehen, wenn sie das Licht der Sonne abblockt. Weil sich Sterne aber in unserem dynamischen Kosmos bewegen, kann dieser Blickwinkel kommen und gehen", erklärte Kaltenegger. Zieht nämlich ein Planet auf seiner Bahn an seinem Zentralgestirn vorbei, reduziert sich dessen Licht ein wenig - vorausgesetzt der Beobachter befindet sich in jener Ebene, in der die Sonne und ihre Planeten liegen.
2.034 Sonnensysteme mögliche Beobachtungspunkte
Ereignet sich ein solcher "Transit", können auch Hinweise auf die Zusammensetzung der Planetenatmosphäre und Rückschlüsse auf mögliches Leben gesammelt werden. Derartige Ereignisse ermöglichen es der Wissenschaft seit den 1990er Jahren immer mehr potenziell bewohnbare extrasolare Planeten aufzuspüren. Wie es um die Voraussetzungen für eine derartige Entdeckung von uns "Aliens" aus der Sicht anderer intelligenter Lebewesen bestellt ist, haben Kaltenegger und Faherty anhand von Daten des Weltraumteleskop "Gaia" der Europäischen Raumfahrtagentur ESA erhoben. Das Teleskop vermisst unsere kosmische Umgebung seit dem Jahr 2014.
In einem für astronomische Verhältnisse engem Umkreis von immerhin 326 Lichtjahren fanden die Wissenschafterinnen exakt 2.034 Sonnensysteme, von denen aus unser Heimatplanet in einem Zeitraum von 10.000 Jahren theoretisch beobachtet werden könnte. Seit sich die menschliche Zivilisation vor rund 5.000 Jahren zu entwickeln begann, hatten demnach insgesamt 1.715 Sonnensysteme zumindest die Chance, einen Blick in unsere Richtung zu machen - befanden sich also zumindest zeitweise in der Transitzone der Erde. In den nächsten 5.000 Jahren wiederum kämen noch 319 weitere dazu, so die Forscherinnen.
Geschätzte 29 Planeten in habitabler Zone
Im Umkreis von rund 100 Lichtjahren finden sich immerhin 117 Sterne, die in das engere Schema passen. Seit rund 100 Jahren beglückt die Menschheit ihr Umfeld nämlich auch mit Radiowellen, die von kommerziellen Radiostationen ins All geschickt werden. Der Hörgenuss könnte seither laut der neuen Analyse 75 Sterne im 100 Lichtjahr-Umkreis erreicht haben, haben Kaltenegger und Faherty errechnet.
Von sieben der insgesamt 2.034 identifizierten Sterne weiß man bereits, dass sie von Exoplaneten umkreist werden. Jede dieser Welten hatte schon oder wird in einigermaßen absehbarer Zeit die Möglichkeit haben, die Erde mit der Transitmethode zu detektieren, so wie Forscher auf der Erde bereits tausende ferne Planeten nachgewiesen haben.
Unter den 117 Sternen im näheren Umfeld schätzen die Wissenschafterinnen, dass es 29 Planeten in der bewohnbaren Zone geben müsste. Es sei nämlich davon auszugehen, dass fast jeder Stern zumindest von einen Planeten begleitet wird, in etwa jeder Vierte dürfte auch in der habitablen Zone liegen, erklärte Kaltenegger der APA.
Wenig Wissen über nähere Umgebung
Gerade in der näheren Umgebung wisse man noch wenig über etwaige Begleiter der Zentralgestirne: Das liegt daran, dass Licht relativ vieler, relativ naher Sterne es erschwert, die nur minimale Absenkung der Strahlung bei Planeten-Transit überhaupt zu detektieren. "Aber jetzt haben wir einen guten Grund, diese 2.034 Sterne nach Planeten abzusuchen. Darum haben wir diesen Artikel geschrieben und diese Liste der Sterne erstellt, damit Beobachter jetzt diese Sterne ins Visier nehmen können, die die Erde als Transit sehen könnten", so Kaltenegger.
Am interessantesten sind für die Wissenschafterin schon bekannte Exoplaneten in habitablen Zonen: Davon gibt es einen im Ross 128-System in rund elf Lichtjahren Entfernung. Von dort aus war die Erde 2.158 Jahre lang sichtbar, vor 900 Jahren entschwand sie für etwaige Ross 128-Bewohner aber aus dem Blickfeld. Vielversprechend sei auch das 45 Lichtjahre entfernte Trappist-1-System. Hier gibt es gar sieben entdeckte Planeten, von denen vier im gemäßigten Bereich sind. Bis die Erde in deren Sichtfeld gelangt, dauert es aber noch 1.642 Jahre. Insgesamt gibt es vier Systeme mit derartigen Exoplaneten, die schon Radiowellen empfangen und im Untersuchungszeitraum Sicht auf den Blauen Planeten hatten oder haben werden.