Forscher und Laien fanden riesige gemeinsame Hülle um Doppelstern

Nach einem Hinweis von Laienforschern ist es einem Astronomen-Team um Stefan Kimeswenger vom Institut für Astro- und Teilchenphysik der Universität Innsbruck gelungen, den ersten Nachweis einer riesigen, voll entwickelten gemeinsamen Hülle rund um ein Doppelsternsystem zu erbringen.

Die Wissenschafter berichten über ihre Entdeckung einer neuen Klasse von galaktischen Nebeln im Fachblatt "Astronomy & Astrophysics", wie es am Dienstag seitens der Uni Innsbruck hieß.

Auf die Struktur aufmerksam wurde eine Gruppe deutsch-französischer Hobbyastronomen. Sie durchstöberten in Kleinarbeit digitalisierte Archive mit historischen Himmelsbilder auf der Suche nach unbekannten Strukturen. Dabei fand sich ein Fragment des Nebels auf Fotoplatten aus den 1980er-Jahren.

120 Einzelaufnahmen zu einem großen Ganzen zusammengefügt

Danach schalteten sie wissenschaftliche Experten ein, darunter auch den Innsbrucker Forscher Kimeswenger, der nun als Erstautor in der Publikation fungiert. Das angewachsene Team durchforstete und kombinierte dann verschiedenste Aufnahmen der Region von mehreren Teleskopen und Satelliten aus den vergangenen 20 Jahren. Darüber hinaus richteten die Wissenschafter Teleskope von Südamerika aus auf das Doppelsternsystem. Aus 120 Einzelaufnahmen, die über mehrere Monate entstanden, wurde dann das Entdeckungsfoto angefertigt.

Dieses zeigt die voll entwickelte Hülle eines "Common-Envelope-Systems" (CE), heißt es in der Aussendung. Dabei handelt es sich um eine Struktur, die ein Doppelsternsystem umgibt. Eine solche kann am Ende des Lebens von Sternen entstehen, wenn sie sich aufblähen. "Da ein sehr großer Anteil von Sternen in Doppelsternen steht, beeinflusst dies die Entwicklung am Ende ihres Lebens. Denn bei engeren Doppelsternsystemen verschmilzt der sich aufblähende äußere Teil eines Sterns als gemeinsame Hülle um beide Sterne. Im Inneren dieser Hülle verhalten sich die Kerngebiete der beiden Gestirne aber praktisch ungestört und verfolgen ihre Entwicklung, als wären sie unabhängig voneinander", erklärte Kimeswenger.

Durchmesser der Hauptwolke beträgt 15,6 Lichtjahre

Im hier untersuchten Fall bildete sich mittlerweile eine gemeinsame Hauptwolke mit einem Durchmesser von 15,6 Lichtjahren. Das ist "fast eine Million mal größer als der Abstand der Erde zur Sonne und viel größer als der Abstand unserer Sonne zu ihrem nächsten Nachbarstern. Aber auch Fragmente mit einer Ausdehnung von sogar 39 Lichtjahren wurden gefunden", sagte der Astronom: "Da das Objekt etwas über der Milchstraße liegt, konnte der Nebel sich weitestgehend ungestört von anderen Wolken im umliegenden Gas entwickeln."

Auf Basis der umfassenden Informationen konnten die Forscher auch ein Modell von dem Doppelsternsystem erstellen. Demnach beherbergt es einen rund 66.500 Grad Celsius heißen Weißen Zwergstern. Dazu kommt ein "nur" ungefähr 4.700 Grad Celsius heißer normaler Stern mit einer etwas geringeren Masse als unsere Sonne. Diese beiden umkreisen einander alle acht Stunden und zwei Minuten in einem kosmisch gesehen geringen Abstand von lediglich 2,2 Sonnenradien. Die dem Weißen Zwerg zugewandte Seite des normalen Sterns wird daher durch den heißen Partnerstern stark aufgeheizt, was zu regelmäßigen Helligkeitsschwankungen des Systems führt.

Die nun entdeckt Hülle besteht aus dem Außenmaterial des Weißen Zwerges. Die komplette, weit verteilte Ummantelung ist demnach in Summe über eine Sonnenmasse schwer. Entstanden sei die Struktur vor rund 500.000 Jahren, berichten die Forscher.

Derartige Nebel sind laut Kimeswenger "von großer Bedeutung für das Verständnis der Entwicklung von Sternen in ihrer Endphase. Darüber hinaus helfen sie uns, zu verstehen, wie sie den Raum mit schweren Elementen anreichern, die dann wiederum für die Entwicklung von Planetensystemen, wie auch unserem eigenen, wichtig sind".